Wir teilen die in der Nachhaltigkeits und Klimastrategie des Landes sowie im Leitantrag „Land und Klima schützen“ formulierten Grundlinien. Damit die Vision im Bereich der nachhaltigen und klimaneutralen Wärmeversorgung tatsächlich gelingen kann, erlauben wir uns folgende Anregungen in die Diskussion einzubringen:
Dafür wollen wir unsere Politik gewinnen!
Wir sehen daher folgende Punkte als dringlich:
1. Eine Priorisierung der erneuerbaren Nahwärme im bestehenden Netzbereich sowie eine entsprechende Kommunikation gegenüber der Bevölkerung.
2. Die Einführung einer systematischen Energie und Wärmeraumplanung in allen Gemeinden Tirols mit der Ermittlung der Wärmedichten als Basis für neue Nahwärmenetze.
3. Den Ausbau der Abwärmenutzung und aller erneuerbaren Quellen. Im Bereich der Abwärme sind Industrie und Gewerbebetriebe für eine Einspeisung zu sensibilisieren. Im Bereich der Biomasse liegt die Herausforderung in der Transformation alter Feuerungsanlagen in moderne Systeme unter Beibehaltung zumindest des aktuellen Niveaus von ca. 4250 GWh/a. (Quelle: Tiroler Nachhaltigkeits – und Klimastrategie)
4. Tirol ist ein Tourismusland. Wir schlagen einen Schwerpunkt für die Nahwärmeversorgung von Tourismusgemeinden vor: Gerade die bestehenden Nahwärmeversorgungen von St. Christoph, Längenfeld, Lermoos, Seefeld, Fügen, Kufstein, St. Johann bis Lienz sind schon jetzt Erfolgsgeschichten! Zuerst gilt es, diese Erfolge gegenüber Gästen und der Tiroler Bevölkerung stärker zu kommunizieren. Besonders bei Tourismusgemeinden ohne Nahwärmenetze sollte im nächsten Schritt die Energieraumplanung als Basis für neue Projekte forciert und öffentlich unterstütz werden. Hilfreich wäre eine Sonderförderung „ökologische Heizung“ für Tourismus und Gewerbebetriebe analog zur gleichnamigen Landesförderung für Privathaushalte.
5. Wir begrüßen „Grünes Gas“ und regen eine ehrliche und faktenbasierte Diskussion zur Erreichung der Klimaneutralität im Erdgasbereich bis 2040 an. Als Basis schlagen wir die Entwicklung des jährlichen Anteils an Grünem Gas vor. Im Einzugsbereich der Nahwärme fordern wir analog zu Pkt. 1 eine Priorisierung der Nahwärme.
6. Für einen kontinuierlichen und im Rahmen der Wärmewende notwendigen Ausbau von Nahwärme schlagen wir ein eigenes Nahwärmeausbaugesetz vor in dem Erzeugung und Verteilung von leitungsgebundener Wärme geregelt wird.
7. Eine grundlegende Nachhaltigkeits- und Energiewirtschaftsausbildung in allen Bildungseinrichtungen.
Im Rahmen der Veranstaltung „Wie kann die Wärmewende in Tirol gelingen? Raus aus Öl und Erdgas mit erneuerbaren Wärmenetzen“ wurden am 30. September 2021 von der Biowärme Tirol „7 Anregungen“ vorgestellt. Ziel dieser Anregungen war es, Rahmenbedingungen für erneuerbare Nah- und Fernwärme als Teil der Wärmwende in Tirol zu verbessern. Es folgten Gespräche mit LH-Stellvertreter Josef Geisler, LH-Stellvertreterin Ingrid Felipe und Landesrat Toni Mattle.
Genau ein Jahr später, am 29. September 2022, fand die gleichnamige Folgeveranstaltung im Haus der Begegnung in Innsbruck statt. Dabei wurden die Vertreter:innen der teilnehmenden Organisationen eingeladen, einen Schritt weiterzugehen und die Anregungen der Biowärme Tirol nach Zustimmungen zu clustern. In Summe beteiligten sich 20 Institutionen – Vertreter:innen des Landes, der politischen Parteien sowie der Interessensvertretungen – an der Dialogveranstaltung.
Hintergrund: In unserer täglichen Arbeit merken wir, dass das Grundwissen bezüglich klimaneutraler Energieversorgung „ausbaufähig“ ist. Wie wird Strom und Wärme in Tirol produziert? Welche Vor- und Nachteile gibt es, wo liegen die Stärken und Schwächen des jeweiligen Systems? Wie kann ich Energieerzeugung/Energieverbrauch persönlich beeinflussen? etc. Solche und ähnliche Fragen sind in allen Bildungseinrichtungen – von den Kindergärten über die Volksschulen, Mittelschulen, Berufsschulen bis hin zu den Hochschulen und der Erwachsenenbildung – zu entwickeln.
Zustimmungen, Anmerkungen & Möglichkeiten der Kooperation: Diese Anregung erhielt in Summe 36 Zustimmungen. Als Biowärme Tirol ist uns Bildung sehr wichtig. In den letzten Jahren wurde auf Österreich-Ebene eine eigene Ausbildung für Heizwart:innen mitentwickelt. Für das kommende Schuljahr wird in der Höheren Technischen Lehranstalt Jenbach mit den Schüler:innen ein Optimierungsprojekt der schuleigenen Hackschnitzelanlage durchgeführt.
„Wer nichts weiß, muss alles glauben. Das ist vor allem auch in der Bildung in Richtung Energie, Technik, Energieversorgung und Nachhaltigkeit wichtig. Das Ganze sollte schon im Kindergarten starten, Volksschule, Mittelschule – und letztendlich sollte es hinaufgehen bis in die HTL.“
Andreas Trojer, HTL Jenbach – Energie- und Gebäudetechnik
Anmerkungen der Teilnehmer:innen (in Klammern der Name der Institution, wenn dieser angegeben wurde):
Im Bereich der Abwärme sind Industrie und Gewerbebetriebe für eine Einspeisung zu sensibilisieren. Im Bereich der Biomasse liegt die Herausforderung in der Transformation alter Feuerungsanlagen in moderne Systeme unter Beibehaltung zumindest des aktuellen Niveaus von ca. 4250 GWh/a. (Quelle: Tiroler Nachhaltigkeits – und Klimastrategie)
Hintergrunderklärung: Industrie und Gewerbebetrieben ist es oft nicht bewusst, dass ihre Abwärme als Einspeisequelle für Nahwärme verwendet werden könnte. Alle erneuerbaren Energiequellen sind in den Verbund der Wärmenetze einzubeziehen.
Im Bereich der Biomasse gilt es im Sinne der Bioökonomie und dem aktuellen Hintergrund der Borkenkäfersituation in Osttirol mit allen Beteiligten – von den Waldbesitzer:innen über die Behörden bis hin zu allen Beteiligten in den Nutzungsketten – nach sinnvollen Potentialen zu suchen und diese auch umzusetzen.
Zustimmungen, Anmerkungen & Möglichkeiten der Kooperation: In Summe erhielt diese Anregung 29 Zustimmungen. Mittlerweile wurde das sogenannte „Energie-Ziel-Szenario Tirol 2050“ veröffentlicht. Im Bereich des Holzes liegt Tirol demnach derzeit bei 4.127 GWh/a, im Jahr 2030 geht man von 3.514 GWh/a aus, was dann bis 2050 wieder auf 3.864 GWh/a steigen soll. Bezogen auf den Ist-Stand entspricht das einem Minus von ca. 6,3%. Die Wasserkraft soll von 6.225 GWh/a auf 9.442 GWh/a ausgebaut werden, PV von 72 auf 3.874 GWh/a, Umweltwärme von 136 auf 2.439 GWh/a, sonstige Erneuerbare (Solarthermie, Biogas, Wind, Industrielle Abwärme, brennbare Abfälle und sonstige biogene Energieträger) von 1.554 auf 1.014 GWh sinken.
Anmerkungen der Teilnehmer:innen:
A) Abwärmepotentiale heben (16 Zustimmungen)
B) Biomassepotentiale heben und Transformation der Technologien (13 Zustimmungen)
Hintergrunderklärung: Insgesamt sind erneuerbare Ressourcen begrenzt. Die einzelnen Technologien sind daher dort einzusetzen, wo sie technologisch, ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll sind. Kriterien dazu sollten auf Expertenebene entwickelt werden. Nahwärme hat ihre Stärke in Gebieten mit hoher „Wärmedichte“ (z. B. Wärmebedarf bezogen auf die für die Verteilung notwendige Leitungslänge). Siehe dazu auch Anregung 4.
Zustimmungen, Anmerkungen & Möglichkeiten der Kooperation: In Summe erhielt diese Anregung 25 Zustimmungen. Ein erster Schritt einer Energie-/Wärmeraumplanung ist die Darstellung der Wärmenetze im Tiroler Rauminformationssystem (tiris). Wichtig ist aus der Sicht der Biowärme Tirol ein offener Entwicklungsprozess von Energie-/Wärmeraumplanung unter der Leitung einer neutralen und unabhängigen Landeskoordinationsstelle, welche nicht gleichzeitig Projekte abwickelt und nach Eigeninteressen handelt. Im Rahmen der Entwicklung der Tiroler Nachhaltigkeits- und Klimastrategie wurden dazu von der Biowärme Tirol Ideen für ein eigenes Leuchtturmprojekt vorgeschlagen.
„Wir 277 Tiroler Gemeinden sind einer der größten Infrastrukturbetreiber hier in Tirol. Gerade der Bereich Energie gewinnt in den nächsten Jahren und Jahrzehnten natürlich immens an Bedeutung. Daher sind wir froh, dass es die Biowärme Tirol gibt und diese uns unterstützt, wenn wir Nah- und Fernwärme-Projekte umsetzen wollen.“ Florian Klotz, Tiroler Gemeindeverband
Anmerkungen der Teilnehmer:innen:
Hintergrunderklärung: Dieses Prinzip der Priorisierung im Netzbereich von Nahwärme gilt bereits für die Bundesförderung „Raus aus Öl und Gas“, nicht aber für die Wohnbauförderung in Tirol. Im ersten Schritt ist es wichtig, diesen Unterschied gut gegenüber den Förderwerber:innen und vor allem im Netzbereich von Nahwärme zu kommunizieren. Grund der Priorisierung des Bundes ist die Effizienzsteigerung von Nahwärmenetzen durch Netzverdichtungen. Deshalb regen wir zudem an, dass die Priorisierung der Nahwärme analog zur Raus aus Öl und Gasförderung des Bundes in Zukunft auch für die Wohnbauförderung in Tirol gilt.
Zustimmungen, Anmerkungen & Möglichkeiten der Kooperation: In Summe erhielt diese Anregung 21 Zustimmungen.
„Wir unterstützen die Punkte, die die Biowärme Tirol ausgearbeitet und in den Workshops nochmals verdichtet hat, außerordentlich. Darüber hinaus möchte ich die Priorisierung nochmals herausstreichen, weil ich sie als ganz wesentlich empfinde.“ Stefan Garbislander, WK Tirol
A) Priorisierung (17 Zustimmungen)
B) Kommunikation der aktuellen Priorisierung der KPC (4 Zustimmungen)
Gerade die bestehenden Nahwärmeversorgungen von St. Christoph, Längenfeld, Lermoos, Seefeld, Fügen, Kufstein, St. Johann bis Lienz sind schon jetzt Erfolgsgeschichten! Zuerst gilt es, diese Erfolge gegenüber Gästen und der Tiroler Bevölkerung stärker zu kommunizieren. Besonders bei Tourismusgemeinden ohne Nahwärmenetze sollte im nächsten Schritt die Energieraumplanung als Basis für neue Projekte forciert und öffentlich unterstützt werden. Hilfreich wäre eine Sonderförderung „ökologische Heizung“ für Tourismus und Gewerbebetriebe analog zur gleichnamigen Landesförderung für Privathaushalte.
Hintergrunderklärung: Auf Grund der hohen Wärmedichte sind gerade Tourismusgebiete für Nahwärme sinnvoll. Zudem wird der Gast der Zukunft zunehmend auf eine nachhaltige Energieversorgung achten. Daher sollte dieser Aspekt bei Bestandskund:innen schon jetzt in die Marketingarbeit integriert werden. Im Bereich der Förderaktion „Raus aus Öl und Erdgas“ sind Gewerbetriebe in den Fördersätzen gegenüber privaten Kund:innen deutlich benachteiligt.
Zustimmungen, Anmerkungen & Möglichkeiten der Kooperation: In Summe erhielt diese Anregung 7 Zustimmungen.
„Wir haben zwei große Bereiche in Tirol, in denen wir die Fernwärme brauchen: den urbanen, städtischen Bereich und die Tourismusdestinationen. Die großen Tourismusbetriebe sind eine riesige Herausforderung für uns in der Umstellung der Wärmewende und deswegen ist dort auch das eine ganz zentrale Technologie, die wir dringendst benötigen für die Umsetzung der Wärmewende.“
Bruno Oberhuber, Energie Tirol
A) Schwerpunkt Tourismus (5 Zustimmungen)
B) Sonderförderung im gewerblichen Bereich (2 Zustimmungen)
... in dem Erzeugung und Verteilung von leitungsgebundener Wärme geregelt wird.
„Wir als Installateure stehen unseren Kunden bei der Installation und Abwicklung des Heizungstausches zur Verfügung. Allerdings nicht nur bei der Installation, sondern wir planen und beraten auch.“ Veronika Opbacher, Innung der Installateure
Zustimmungen, Anmerkungen & Möglichkeiten der Kooperation: In Summe erhielt diese Anregung 6 Zustimmungen.
Als Basis schlagen wir die Entwicklung des jährlichen Anteils an Grünem Gas vor. Im Einzugsbereich der Nahwärme fordern wir analog zu Punkt 1 eine Priorisierung der Nahwärme. (3 Zustimmungen)
Zustimmungen, Anmerkungen & Möglichkeiten der Kooperation: In Summe erhielt diese Anregung 3 Zustimmungen.
Auf dem Titelbild zu sehen sind die Teilnehmer:innen der Pressekonferenz v. l.: Florian Klotz (Gemeindeverband), Hannes Ziegler (Maschinenring), Andreas Blassnig (Regionalenergie Osttirol), Hermine Saurwein-Rainer (TINEXT), Stefan Garbislander (WK), Bruno Oberhuber (Energie Tirol), Andreas Moser (Biowärme Tirol), Reinhard Jennewein (Stadt-werke Wörgl), Veronika Opbacher (Innung der Installateure), Artur Egger (Hall AG), Fritz Obernauer (Ortswärme St. Johann i. T.), Hermann Unsinn (Biowärme Tirol), Andreas Trojer (HTL Jenbach) und Hans Pirchmoser (Heizwerk Söll)