Vielfalt der Energieträger in Tirols Nah- und Fernwärme

Die Mitgliedsbetriebe der BioWärme Tirol erzeugen erneuerbare Wärme aus verschiedensten Energiequellen

Vielfalt der Energieträger in Tirols Nah- und Fernwärme

Die Mitglieder der BioWärme Tirol beweisen Tag für Tag, wie vielseitig, klimafreundlich und regional Nah- und Fernwärme sein kann. Die rund 80 Mitgliedsanlagen nutzen dabei effizient die Vielfalt grüner Energieträger und sparen so jährlich rund 250.000 Tonnen Kohlenstoffdioxid ein.

In Zeiten wachsender Energiekrisen, fortschreitender Klimaschäden und geopolitischen Unsicherheiten stellt sich die Frage nach einer sicheren, regionalen und klimafreundlichen Wärmeversorgung immer drängender. Tirol liefert hier längst Antworten – und zwar mit Vielfalt. Die Mitgliedsbetriebe der BioWärme Tirol erzeugen erneuerbare Wärme aus verschiedensten Energiequellen, angepasst an regionale Gegebenheiten, vernetzt in nachhaltiger Denkweise. Ein Blick auf die Zukunftswärme, die in Tirol schon heute Realität ist.

Biomasse: Die starke Basis der Tiroler Wärmeversorgung

Ein Großteil der Tiroler Nah- und Fernwärmenetze basiert auf Biomasse, konkret auf „holzartigen Brennstoffen“, vor allem in Form von Hackschnitzeln aus Energieholz, Ast- und Gipfelholz oder Sägenebenprodukten wie Rinde und Spänen. Biomasse bildet also das Rückgrat der Tiroler Wärmeversorgung und wird CO₂-neutral verfeuert, denn der freigesetzte Kohlenstoff wird im natürlichen Kreislauf beim Baumwachstum wieder aufgenommen. Zudem ist Biomasse regional verfügbar und besonders zuverlässig, weshalb Orte wie Waidring, Söll, Ebbs, Terfens, Längenfeld, St. Anton, Steinach am Brenner, Lermoos, Zams, Hall, Kufstein oder in Osttirol St. Jakob in Defereggen, Matrei und Lienz schon lange erfolgreich auf diesen nachwachsenden Energieträger setzen. Sie schaffen damit nicht nur klimafreundliche Wärme, sondern auch regionale Wertschöpfung durch Zusammenarbeit mit der hiesigen Forstwirtschaft.

Abwärme: Energie, die sonst verloren ginge

Was andernorts einfach als „Abfallprodukt“ verpufft, wird in Tirols Wärmenetzen clever genutzt: industrielle Abwärme beziehungsweise Abwärme aus Biogasanlagen. Unternehmen wie Sandoz in Kundl oder Egger Holz und die Bioenergie Sperten in St. Johann speisen ihre überschüssige Prozesswärme in die naheliegenden Fernwärmenetze ein. Auch die Tirol Milch in Wörgl leistet einen wichtigen Beitrag und arbeitet mit der Stadtwärme zusammen: Die dort entstandene Abwärme wird aus Waldhackgut gewonnen und mit Ökostrom betriebenen Wärmepumpen fernwärmetauglich für die Wörgler Bevölkerung aufbereitet. Diese Nutzung ist besonders effizient – denn jede Kilowattstunde, die nicht extra erzeugt werden muss, spart fossile Ressourcen und Emissionen. Ein Gewinn auf allen Ebenen.

Wärmepumpen: Die Umwelt als Energiequelle

Auch die Umgebungswärme wird in Tirols Nahwärmenetzen genutzt: Mithilfe moderner Wärmepumpensysteme werden Abluft, Abwasser oder Grundwasser als Energiequellen angezapft. In Gerlos etwa wird die warme Abluft aus dem eigenen Biomasseheizwerk genutzt, um die Gesamtanlage effizienter zu betreiben und den Bedarf an Brennstoff zu reduzieren – ein Ansatz, den auch Söll verfolgt. In Seefeld setzt man seit 2024 auf einen innovativen Energieträger-Mix, der die bestehende Biomasseversorgung durch die Nutzung von Abwasserwärme und Rauchgas ergänzt. Diese Kombination ermöglicht eine zuverlässige Wärmeversorgung mit Ökoenergie, selbst bei frostigen Temperaturen. Ein weiteres innovatives Projekt entsteht gerade in Innsbruck, wo die Innsbrucker Kommunalbetriebe AG (IKB) am Bozner Platz eine Anlage plant, die das Potenzial des Grundwassers nutzt. Das Prinzip hört sich einfach an, bedarf aber großem Know-how: Über einen Brunnen wird Wasser aus dem Untergrund gefördert und über ein neu errichtetes Leitungsnetz an umliegende Gebäude verteilt. Dort wird es durch Wärmepumpen und Kältemaschinen sowohl zum Heizen als auch zum Kühlen verwendet. Anschließend gelangt das genutzte Wasser über einen Rückgabebrunnen wieder zurück in den natürlichen Grundwasserkörper – regeneriert und bereit für den nächsten Einsatz. Kreislaufwirtschaft im wahrsten Sinne des Wortes.

Power2Heat: Strom wird zu Wärme

Wo überschüssiger Strom zur Verfügung steht, kann er direkt in Wärme umgewandelt werden. Das geschieht etwa mit Elektrodenkesseln oder Widerstandsheizungen. Vorstellen kann man sich den Mechanismus dahinter – salopp gesagt – wie einen großen Wasserkocher: Mit dem kurzfristigen Überangebot an Strom wird das Wasser im Kessel erhitzt und im Speicher zwischengelagert. Wird die Wärme gebraucht, kann sie flexibel aus dem System genommen werden. In Hall kommt Power2Heat bereits seit 2023 zum Einsatz, in Wörgl ist eine Anlage durch die Stadtwerke seit Februar diesen Jahres in Betrieb. In Jenbach wird diese Technik im Zusammenspiel mit einem Blockheizkraftwerk genutzt – ein weiteres Beispiel für die innovative Kombination verschiedener Technologien.

Die Kraft der Sonne, besonders im Sommer

Ergänzend kommen auch Solarthermie beziehungsweise Sonnenkollektoren und/oder Photovoltaik zum Einsatz, beispielsweise in Lienz, aber natürlich auch in vielen anderen Anlagen – dies vor allem zur Warmwasserbereitung im Sommer oder zur ganzjährigen Versorgung der Pumpensysteme mit Sonnenstrom. In Natters werden zudem die erntefrischen Hackschnitzel mit der Kraft der Sonne umweltfreundlich getrocknet und so veredelt, denn: Durch die Trocknung wird der Heizwert erhöht, die Lagerfähigkeit verbessert und Abgaswerte sowie Aschebildung optimiert. Auch wenn die Wintermonate weniger Sonnenstunden bereithalten, bleibt die Solarenergie ein unverzichtbarer Baustein im Gesamtgefüge.

Tirol zeigt, wie Zukunftswärme geht

Was Tirol im Bereich Nah- und Fernwärme in den letzten Jahrzehnten aufgebaut hat, ist beispielhaft: eine regionale, klima- und krisensichere Energieversorgung, die auf einem intelligenten Mix nachhaltiger Quellen basiert. „Wir werden weiterhin die Effizienz unserer Anlagen verbessern und alle erneuerbaren Wärmequellen sowie Abwärme einbeziehen“, sagt BioWärme-Tirol-Koordinator Andreas Moser. „Wir wollen zudem den Boden für neue und innovative Nahwärmeprojekte in Tirol bereiten und mithelfen, diese umzusetzen.“ Hierfür hat man 2024 auch eine Arbeitsgruppe gegründet, die sich mit diesem Fokusthema befasst. Die Botschaft der BioWärme Tirol ist dabei klar: Wärme aus der Region – für die Region. Vielfalt ist dabei große Stärke und ein Schlüssel zum Erfolg.

Bildquelle:
Fotos von den Mitgliedsbetrieben beigestellt oder Alexandra Embacher
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