Städte nehmen eine wesentliche Schlüsselrolle im Klimaschutz ein – sagt Reinhard Jennewein von den Stadtwerken Wörgl. Wie man in der Stadt die Nahwärme als sinnvolle Strategie bei der Wärmewende nutzt und welchen Vorteil die Kund:innen aus der regionalen Wärmeversorgung ziehen, verrät er im Beitrag.
Die hochmoderne Käserei der Tirol Milch liegt eingebettet in grünen Feldern unweit vom Kern der Stadt Wörgl entfernt und gilt als zweitgrößte Käseproduktionsstätte Österreichs. Doch sieht man genauer hin, so kann man zwei viereckige Gebäude mit türkisem Anstrich erkennen, die im Inneren Großes leisten: Denn seit 2013 werden einige Wörgler:innen durch die Nutzung der industriellen Abwärme der Tirol Milch mit Fernwärme versorgt – und sie sind mittlerweile keine ganz kleine Zahl mehr. Aktuell sind zirka 400 Objekte an das Netz angeschlossen, wodurch man etwa 2 Millionen Liter Heizöl jährlich einspart – Tendenz steigend. Das 15 Kilometer lange Fernwärmenetz ist laut Plan zu rund 65 Prozent fertiggestellt, es wächst beständig um einige hundert Meter pro Jahr. Und es läuft sogar so gut, dass man bei den Stadtwerken aktuell nach einem zweiten Industriebetrieb sucht, der industrielle Abwärme einspeisen kann.
„Umwelt- und Klimaschutz passiert in den Städten und Gemeinden. Daher ist es wichtig und machbar, dass wir das selbst in die Hand nehmen und an Lösungen arbeiten.“
Reinhard Jennewein, Geschäftsführer Stadtwerke Wörgl
Noch vor einem Jahrzehnt stand der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht im Zentrum der Gemeinde-Bestrebungen, seit einigen Jahren geht man in Wörgl aber einen besonders bemerkenswerten Weg: „Im Rahmen von ‚Wörgl – unsere Energie’ wollen wir bis zum Jahr 2025 die Energieautonomie in den Bereichen Strom und Wärme erreichen“, beschreibt der Geschäftsführer der Stadtwerke Wörgl, Reinhard Jennewein. Im Klartext: Von außen wird man möglichst unabhängig von externen Lieferant:innen, die Energie für die Stadt soll möglichst regional erzeugt und direkt an die Bürger:innen verteilt werden. Nicht im Paket ist die Mobilität enthalten, im Jahr 2012 wurde der Wörgler Energieentwicklungsplan konzipiert. „Wir haben uns angesehen, wie die übergeordneten Ziele überhaupt erreicht werden können“, schildert Jennewein, „und wussten dann schnell, dass wir in Wörgl eine sehr günstige Situation haben.“ Warum? Industriebetriebe produzieren automatische Wärme, die energetisch genutzt werden könnte.
So war es naheliegend, dass die Zuständigen der Stadtwerke Wörgl bei Tirols größter Molkerei, der Tirol Milch, für eine Kooperation anklopften. Bei ihren Produktionsprozessen wird einerseits viel Energie gebraucht, andererseits fällt aber auch viel überschüssige in Form von Abwärme an. „Wir haben bei Gesprächen mit der Berglandmilch dann schnell gemerkt, dass wir durch die Zusammenarbeit eine dreifache Win-Situation haben“, sagt Jennewein. „Ein ‚Win‘ für den Betrieb selbst, da sie Einnahmen aus der industriellen Abwärme generieren können, für uns als Stadtwerke und für die Bürgerinnen und Bürger beziehungsweise die Stadt selbst, da sie einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz leisten können.“ So gelingt es zusehends, fossile Energien – hier hauptsächlich Heizöl und -gas – zurückzudrängen. Alleine bei der Nahwärme ist aber für die Wörgler nicht Schluss, denn vom gesamten „bunten Blumenstrauß“ der erneuerbaren Energien soll Gebrauch gemacht werden. „Wenn wir aber bereits einen Großteil durch ein erneuerbares Stadtsystem abdecken, dann hat man schon große Fortschritte erzielt.“
Doch die Stadtwerke Wörgl sind nicht die einzigen im Bezirk Kufstein, die klimaneutrale Wärme direkt und komfortabel zu der Bevölkerung bringen; weitere Biomasse-Nahwärmeanlagen sind unter anderem in Münster, Söll, Ebbs, Bad Häring und der Wildschönau beheimatet. In Kundl wird Abwärme aus dem Pharmabetrieb Sandoz ins Netz eingespeist. Ökologisch heizen lässt es sich auch in Kufstein, aktuell profitieren mehr als 3.500 Haushalte in der Stadt von lokal erzeugter Wärme aus der Anlage in Endach. „Die Fernwärme ist im Vergleich zu konventionellen Heizungen preiswert, sauber und sicher“, versichert Walter Eisenmann, Geschäftsführer der Bioenergie Kufstein. „Insgesamt wird 60 Prozent des gesamten Wärmebedarfes der Stadt Kufstein mit unserer Fernwärme gedeckt.“ So viele engagierte Betreiber:innen sind notwendig, denn: Die klimaneutrale Wärmeversorgung ist eine der größten Herausforderungen der Zukunft. Alleine in Tirol sind bis 2035 rund 60.000 Ölheizungen zu tauschen. Auf Bezirksebene liegen keine offiziellen Zahlen vor, die Biowärme Tirol schätzt die Anzahl im Bezirk Kufstein aber auf rund 8.600 Anlagen.
Und die Zeit rennt beim Tausch – bis 2025 müssen Anlagen, die älter als 25 Jahre sind, ausgewechselt werden. Es besteht also in den nächsten drei Jahren Handlungsbedarf bei allen Heizanlagen, die vor der Jahrtausendwende eingebaut wurden. Ein Glück, dass die Umstände gerade so günstig wie nie sind, welche Andreas Moser, Koordinator der Biowärme Tirol, näher beschreibt: „Gerade im Bereich der privaten Haushalte sind die ‚Raus aus Öl und Gas‘-Förderungen durch Land und Bund gegenwärtig sehr hoch und können bei niedrigen Einkommen bis zu 100 Prozent betragen.“ Eine Beratung durch die Energie Tirol ist im Vorfeld zu empfehlen, die Umsetzung erfolgt anschließend durch eine:n Installateur:in in Abstimmung mit dem jeweiligen Heizwerk. „Fördermöglichkeiten werden auch durch unseren Förderrechner ersichtlich“, betont er. An der Nahwärme Interessierte finden alle Betriebe zum „Andocken“ auf der Geo-Landkarte der Biowärme Tirol.
Bei Fragen steht Ihnen Biowärme-Koordinator DI Andreas Moser (0664/1635105 oder info@biowaerme.tirol) gerne zur Verfügung.
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Credit: Stadtwerke Wörgl GembH
BU-Vorschlag: Die Anlage liegt eingebettet in grünen Feldern.
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Credit: Stadtwerke Wörgl GembH
BU-Vorschlag: In den Gebäuden wird die industrielle Abwärme zu regionaler Nahwärme.
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Credit: Stadtwerke Wörgl GembH
BU-Vorschlag: Durch hochmoderne Technik kommt die Wärme zur Bevölkerung.
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BU-Vorschlag: Aktuell ist das Fernwärmenetz 15 Kilometer lang – wächst aber beständig.
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Credit: Stadtwerke Wörgl GembH
BU-Vorschlag: Wörgl nutzt die Abwärme der Tirol Milch.