Rückwärtskraftwerk Stanglwirt: 
Viertes Betreibertreffen der BioWärme Tirol im Zeichen klimapositiver Zukunft

Gemeinsam für eine klimafitte Zukunft

Rückwärtskraftwerk Stanglwirt: 
Viertes Betreibertreffen der BioWärme Tirol im Zeichen klimapositiver Zukunft

Nach Sillian, Zams und Mils/Hall führte das vierte Betreibertreffen der BioWärme Tirol am 5. November 2025 ins Tiroler Unterland – nach St. Johann und Going. Im Fokus standen diesmal nicht nur der Erfahrungsaustausch und das gemeinsame Weiterdenken, sondern auch ein Blick auf eine Weltpremiere: Als erstes Hotel weltweit hat der Stanglwirt ein Rückwärtskraftwerk von SYNCRAFT in Betrieb genommen.

Beim Maschinenring Kitzbühel in St. Johann herrschte von Beginn an rege Betriebsamkeit. Im Seminarraum wurde diskutiert und eifrig notiert, die Themenpalette war breit, aber stets praxisnah: Aktuelles zur Förderung, die immer wichtiger werdende Energieholzkoordination, Einkaufsgemeinschaften und der Austausch von Dienstleistungen standen ebenso auf der Agenda wie der Tiroler Biowärmeindex. Mit einem Zertifikat ausgezeichnet wurde darüber hinaus Dominic Pertl von den Innsbrucker Kommunalbetrieben (IKB) für seinen erfolgreichen Abschluss der KEK-Schulung.

Energieholzkoordination: Vertrauen und regionale Stärke

Wie wichtig die Energieholzkoordination inzwischen geworden ist, zeigte sich auch an einem praktischen Beispiel aus der Region. Georg Berger, Waldaufseher in Ellmau, betreut rund 290 Hektar Gemeindewald und kennt den Rohstoff Holz sehr gut. Seit rund einem halben Jahr arbeitet er mit der BioWärme Tirol zusammen – eine Partnerschaft, die er schätzt: „Im Frühjahr haben wir Eschen geliefert, dann Fichte und Tanne gemischt und jetzt sind es noch Buchen“, erzählt Berger. Mittlerweile seien etliche Festmeter über die Waage gegangen, rund 400 davon liegen noch am Ganter. Besonders positiv sieht er die stabile Preisgestaltung: „Die Preise bleiben verlässlich, das hilft uns enorm bei der Planung.“ Regional vermittelt bleibt das Holz trotzdem: Der Großteil ging ans Hackschnitzel-Heizwerk Söll. „Für mich ist das ein verlässlicher Partner. Ich kann dieses Programm wirklich empfehlen“, betont Berger.

Vertrauen spielt bei der Holzkoordination eine zentrale Rolle – und hier kommt Gregor Aigner ins Spiel. Seit Februar fungiert er als Schnittstelle zwischen Forstwirtschaft und Heizwerken und ist dort unterwegs, wo der Brennstoff für die Biomasse-Heizwerke entsteht: bei Waldbesitzer:innen, Waldaufsehern und Forstbetrieben. Seine Präsenz schafft Vertrauen – und genau das ist die Grundlage dafür, dass Versorgungssicherheit und regionale Wertschöpfung langfristig funktionieren.

Klimapositiv in Going

Nach einem intensiven ersten Teil stand eine Exkursion auf dem Programm, die zeigte, wie Innovation und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen können. Nur wenige Kilometer weiter, am Fuß des Wilden Kaisers, erwartete die Teilnehmenden – dazu waren nun auch Interessierte aus dem Kitzbühler Forstbereich, Stefan Schmelz von der Energieagentur Tirol und Vertreter des BioWärme-Tirol-Partners ETA Heiztechnik gestoßen – beim Stanglwirt in Going ein Novum in der Hotellerie: Das Bio- und Wellnesshotel der Familie Hauser hat als erstes Hotel weltweit ein Rückwärtskraftwerk von SYNCRAFT realisiert. Die Entscheidung fiel ganz bewusst auf ein Tiroler Unternehmen, wie Juniorchef Johannes Hauser, verantwortlich für Landwirtschaft und Stanglwirt Bioenergie, betont: „Alles, was den Stanglwirt ausmacht, entsteht direkt hier bei uns in der Region.“ Bei der feierlichen Eröffnung wenige Wochen zuvor waren auch prominente Gäste mit dabei – unter ihnen Joko Winterscheidt, der die Patenschaft übernahm, sowie Landeshauptmann Anton Mattle.

Dauerbrenner Holz

Nun durften die Mitglieder und Partner der BioWärme Tirol die Anlage bei einer Führung aus nächster Nähe erleben. Früher war an diesem Standort eine Sägemühle, 2012 wurde das Areal erworben. Beim Holz wollte man aber bleiben, führt Werksleiter Walter Embacher aus: „Zunächst hatte man die Überlegung, zwei Biomasseöfen – einen für den Winterbetrieb, einen für den Sommerbetrieb – zu installieren.“ Diese Idee wurde aber verworfen. Auch eine Verstromung von Biomasse wurde in Betracht gezogen, doch der Energieaufwand wäre schlicht zu hoch gewesen. „Das Konzept des Stanglwirts basiert auf Nachhaltigkeit. Diesen Anspruch hätten wir mit dieser Lösung nicht erfüllen können“, so Embacher weiter. Durch einen Zufall kam schließlich der Kontakt zu Klaus Embacher und zur Holzvergasungstechnologie zustande. Diese überzeugte schnell: Mit moderatem Materialeinsatz liefert die SYNCRAFT-Anlage an 365 Tagen im Jahr umweltfreundliche Wärme und Strom für den Hotelbetrieb, erzeugt aus zertifiziertem, regionalem, nicht sägefähigem Stammholz. Leistungsspitzen im Winter werden von einem zusätzlichen Biomassekessel abgefedert. Während der Stanglwirt in den Sommermonaten eine Leistung zwischen 400 und 600 Kilowatt benötigt, liegt der Bedarf im Winter zwischen 1.600 und 1.800 Kilowatt. „Diese Mengen müssen wir zuverlässig abdecken“, erklärt der Werksleiter – und das gelingt seit 2025 klimapositiv.

Rückwärts in die Energiezukunft

Technisch gesehen wandelt das Rückwärtskraftwerk Energieholz in erneuerbare Energie um – und das mit dreifacher Wirkung: 550 Kilowatt Strom, 840 Kilowatt Wärme und 400 Tonnen pro Jahr Grüner Kohlenstoff (Biochar) entstehen. „Für den Betrieb unserer Anlagen verwenden wir Waldrestholz in Form von Hackschnitzel aus nachhaltiger und regionaler Forstwirtschaft“, erklärt der Leiter der Projektentwicklung bei SYNCRAFT, Klaus Embacher. „Damit erzeugen wir bereits klimaneutral Energie, denn ungenutztes Waldrestholz würde bei seiner Zersetzung CO2 freigeben.“ Hiermit macht die Bioenergie Stanglwirt ihrem Namen alle Ehre: Bei diesem Prozess der nachhaltigen Energiegewinnung wird als weiteres Produkt Grüner Kohlenstoff erzeugt. Embacher weiter: „Dieser speichert rund 20 Prozent des CO2, das ursprünglich im Holz enthalten war. So bleibt es als wertvoller Kohlenstoff dauerhaft gebunden und wird nicht mehr in die Atmosphäre abgegeben.“

Regional verankert, zukunftsorientiert gedacht

Was die Betreibertreffen der BioWärme Tirol so besonders macht, ist ihr Charakter: Sie sind weder Konferenz noch Pflichtveranstaltung, sondern ein lebendiges Netzwerkformat, das von Offenheit und gegenseitigem Lernen lebt. So auch diesmal – als nach der Besichtigung im gemütlichen Rahmen beim Gasthaus Stanglwirt weiterdiskutiert wurde: über technische Lösungen, über Herausforderungen in der Brennstoffbeschaffung, aber auch über die Rolle der Biowärme in Tirol. „Diese Treffen zeigen, dass die Wärmenetze in Tirol keine Einzelkämpfer sind“, fasst Koordinator Andreas Moser treffend zusammen. „Wir ziehen an einem Strang – und das macht uns stark.“ Mit dem Betreibertreffen in St. Johann und Going fand die Veranstaltungsreihe 2025 ihr Ende.

Bildquelle:
Alexandra Embacher / Stanglwirt
magnifiercrossmenu