Gemeinsam sind wir stark: Dieser Spruch gilt nicht nur für die Wärmewende, Gemeinden in Tirol leben diesen Leitsatz bereits in ihrem Handeln. So beispielsweise beim Biomasse-Heizwerk in Mühlbachl (Wipptal), das gezielt Synergien nutzt. Ein Blick dahin und ins größere Pendant der Hall AG.
Matrei, Mühlbachl und Pfons – diese drei Gemeinden beschlossen bereits vor mehr als 20 Jahren einen nachhaltigen Schritt zu setzen. Wie das funktioniert, wenn beinahe eine Handvoll Parteien an einem Projekt basteln? „Das war auf alle Fälle ein Paradebeispiel an Zusammenarbeit“, weiß Reinhold Rastner, aktueller Geschäftsführer des Biomasse-Heizwerks Unteres Wipptal. So gründeten die Verantwortlichen der Gemeinden damals eine Gesellschaft, seit Herbst 2002 ist die Anlage am Gelände der Kläranlage in Mühlbachl in Betrieb. Eine enge Zusammenarbeit mit der Gemeinde, gutes Einvernehmen mit den Waldaufsehern und der nahe Holzeinkauf von den umliegenden Agrargemeinschaften sowie maximal 20 Kilometer lange Transportwege machen das Biomasse-Heizwerk seither aus. Dass sich die Wipptaler Gemeinden sehr nahe stehen, zeigte auch die Abstimmung zur Gemeindefusion im Herbst 2020: Die Mehrheit der Bürger:innen sprach sich für die Zusammenlegung von Matrei, Mühlbachl und Pfons aus. „Wir nutzen hier mehrere Synergien“, beschreibt Rastner und meint, dass man solch ein System auch anderen Gemeinden schmackhaft machen solle.
In Mühlbachl ist Reinhold Rastner bereits dabei, das Brennmaterial für den nächsten Winter zu sichern. „Biomasse-Heizwerke haben auch den großen Vorteil der Versorgungssicherheit“, sagt er. „Wenn man die aktuellen Energiepreise ansieht, dann haben wir in der Gemeinde einen ganz großen Stellenwert.“ Vom Altersheim und Kindergarten über Schulen und der Sportstätte bis zu mehreren Wohnanlagen, Hotels und privaten Häusern sowie Unternehmen werden viele über die Anlage versorgt – 114 Objekte sind derzeit angeschlossen. Und damit nicht genug: „Die Nachfrage ist zurzeit immens. Wir haben sehr viele Interessenten“, beschreibt Rastner. „Die Bevölkerung wird umweltbewusster und die Versorgungssicherheit spielt eine größere Rolle.“ Ein Ausbau des Netzes ist aktuell in Planung, neue Photovoltaikanlagen für die eigene Stromproduktion sind bereits geliefert.
„Die größten Gas-Fans sind sozusagen zu Swing-States geworden, wenn man so will. Preis und Panikmache mit dem Gas sind die Gründe dafür.“
Artur Egger, Hall AG
Auch in Hall baut man aus; 2021 erstellte man hierzu einen Netzentwicklungsplan für die Nachbargemeinden Absam sowie Mils und holte die Zustimmung der Gemeinden dazu ein. Nächstes Jahr sollen die Arbeiten beginnen, sie werden sich weit in die 2030er-Jahre hinein ziehen, da mehr als 50 Kilometer Leitungsnetz in Summe geplant sind. Ebenso wie im Wipptal beobachtet man bei der Hall AG ein vermehrtes Interesse an der Nahwärme. „In den nächsten Jahren wird es möglich sein, dass wir die Nachbargemeinden mit sauberer Energie versorgen“, versichert Artur Egger, Technischer Vorstand der Stadt Hall in der Tirol Beteiligungs-AG und Geschäftsführer der HALLAG Kommunal GmbH. Über die Fernwärmeschiene Innsbruck-Wattens transportiert man bereits jährlich 35 Millionen Kilowattstunden Wärme nach Innsbruck. Apropos Zukunft: Wie sieht die Wärmewende aus? „Es muss ein gesunder Mix aus erneuerbaren Energien sein“, schlägt Rastner vor. „Der Nahwärme-Umstieg ist aber sicher ein wichtiger Teil davon.“ In die gleiche Kerbe schlägt Egger: Gerade in Ballungsräumen wie beispielsweise Innsbruck gäbe es viele nachhaltige Ansätze, die zu nutzen seien. „Hier müsste man das Ganze neu denken, auch unter Berücksichtigung von erneuerbaren Energien“, konkretisiert er.
Die Biomasse-Heizwerke im Unteren Wipptal und Hall sind jedoch nicht die einzigen im Bezirk Innsbruck Land, die klimaneutrale Wärme direkt und komfortabel zu der Bevölkerung bringen; weitere Mitgliedsanlagen der Biowärme Tirol sind unter anderem in Steinach am Brenner, Fulpmes, Natters, Götzens, Mieders, Wattens, Neustift im Stubaital, Telfes und Seefeld zu finden. So viele engagierte Betreiber:innen sind notwendig, denn: Die klimaneutrale Wärmeversorgung ist eine der größten Herausforderungen der Zukunft. Alleine in Tirol sind bis 2035 rund 60.000 Ölheizungen zu tauschen. Auf Bezirksebene liegen keine offiziellen Zahlen vor, die Biowärme Tirol schätzt die Anzahl im Bezirk Innsbruck Land aber auf rund 13.650 Anlagen.
Und die Zeit rennt beim Tausch – bis 2025 müssen Anlagen, die älter als 25 Jahre sind, ausgewechselt werden. Es besteht also in den nächsten drei Jahren Handlungsbedarf bei allen Heizanlagen, die vor der Jahrtausendwende eingebaut wurden. Ein Glück, dass die Umstände gerade so günstig wie nie sind. „Gerade im Bereich der privaten Haushalte sind die ‚Raus aus Öl und Gas‘-Förderungen durch Land und Bund gegenwärtig sehr hoch und können bei niedrigen Einkommen bis zu 100 Prozent betragen“, beschreibt Andreas Moser, Koordinator der Biowärme Tirol. 1.400 Ansuchen aus Tirol sind bis zum 31. Jänner 2022 bereits eingegangen, die Bundesförderung ist ferner mit der Tiroler Wohnbauförderung kombinierbar. Eine Beratung durch die Energie Tirol im Vorfeld ist zu empfehlen. „Fördermöglichkeiten werden auch durch unseren Förderrechner ersichtlich“, betont Moser. An der Nahwärme Interessierte finden alle Betriebe zum „Andocken“ auf der Geo-Landkarte der Biowärme Tirol.
Bei Fragen steht Ihnen Biowärme-Koordinator DI Andreas Moser (0664/1635105 oder info@biowaerme.tirol) gerne zur Verfügung.
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Credit: Bioheizwerk Unteres Wipptal
BU-Vorschlag: Reinhold Rastner (r.) zusammen mit dem Neukunden Hannes Obojes von der gleichnamigen Wohngestaltung. Durch Rastners Ausbildung als Elektriker mit abgeschlossener Meisterprüfung erledigt er die Inbetriebnahme und Störungsbehebungen selbst.
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Credit: Bioheizwerk Unteres Wipptal
BU-Vorschlag: Einer der beiden Hackgutkessel.
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Credit: Bioheizwerk Unteres Wipptal
BU-Vorschlag: Das Hackgut stammt aus der unmittelbaren Region; der Teleskoplader im Bild wird nicht nur für das Heizwerk verwendet, sondern auch für Recyclinghof, Gemeinde und Abwasserverband.
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Credit: Bioheizwerk Unteres Wipptal
BU-Vorschlag: Mit Effizienz im Hinterkopf wird das Elektro-Firmenauto nicht nur für das Heizwerk sondern auch für den Abwasserverband (Klärwerk) genützt. Es ist hier noch mit der neu installierten Photovoltaikanlage beladen.